Dr. Falk Richter, Dipl.-Psych.

Dr. Falk Richter,
Dresden




14.11.2012:

Führungskompetenz: Sind Charisma und charismatische Führung erlernbar?

Tags: Führungskompetenz und Mitarbeiterführung


Führungskräfte sollen und wollen auf ihre Mitarbeiter eine besonders motivierende Wirkung ausüben. In diesem Zusammenhang wird häufig von charismatischer Führung gesprochen.

Auch das Titelthema der Wochenzeitschrift SPIEGEL lautet in dieser Woche "Charisma - Das Geheimnis der besonderen Ausstrahlung". Auf dem Cover sind dabei unterschiedliche besonders herausragende Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen, darunter Barack Obama, Helmut Schmidt und Muhammad Ali abgebildet.

Aber was versteht man unter Charisma - im Alltag und in der Wissenschaft? Und ist das wirklich so etwas Besonderes?

Charisma bedeutet übersetzt aus dem Altgriechischen "Gnadengabe" und meint eine besondere Begabung und Befähigung. Im Alltag meint man mit Charisma eine Ausstrahlung, mit der man die Bewunderung anderer für sich gewinnt.

Eine veraltete Vorstellung geht davon aus, dass Charisma nur wenigen Menschen zu eigen ist. Genauso ging man früher davon aus, dass nur wenige Menschen über die Persönlichkeitseigenschaften verfügen, die die Voraussetzung sind, um andere Menschen zu führen.

Besser ist es allerdings, Charisma als ein dimensionales Konstrukt mit einem Minimum, einem Maximum und einem Dazwischen zu betrachten. Jemand kann demzufolge mehr oder weniger charismatisch auf andere wirken.

Ich spreche ganz bewusst von "charismatisch wirken", denn Charisma ist streng genommen keine Persönlichkeitseigenschaft, sondern wird einer Person von anderen Menschen zugeschrieben.

Menschen können sich dabei in ihrer Wahrnehmung einer charismatischen Person unterscheiden. Es dürfte vor allem einen Unterschied ausmachen, ob man von dem Verhalten dieser Person positiv oder negativ betroffen ist, ob es sich z.B. um einen Politiker einer favorisierten oder nicht favorisierten Partei handelt. Überlegen Sie sich beispielsweise einmal, ob Sie Barack Obama, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Oskar Lafontaine oder Gregor Gysi als charismatisch wahrnehmen! All diese Personen könnten auf den einen oder anderen eine solche charismatische Wirkung ausüben.

Des Weiteren ist Charisma zeitlich nicht stabil. Erntet ein bisher erfolgreicher Politiker, Manager, Fußballtrainer o.ä. auf einmal nur Misserfolge, so ist es mit dieser besonderen Wirkung schnell vorbei. Tatsächlich hat die Wahrnehmung von Charisma mitunter auch etwas mit einem fundamentalen Attributionsfehler der Wahrnehmung zu tun. Wir führen nämlich Erfolge wie auch Misserfolge gern auf individuelles Verhalten und Persönlichkeitseigenschaften zurück und vergessen dabei den Einfluss der Situation.

Aber wie schafft man es, von anderen als charismatisch wahrgenommen zu werden?

Im Konzept der transformationalen Führung von Bass und Avolio resultiert Charisma ("idealisierter Einfluss") aus einer Zuschreibung besonderer Eigenschaften, die bei den Geführten Respekt erzeugt. Ein solcher Respekt kann vor allem aus herausragender fachlicher Kompetenz und einem besonders ethischen Verhalten resultieren. Zu ethischem Verhalten gehört, dass man Verantwortung übernimmt. Auch persönliches Engagement und die Bereitschaft, Anstrengungen und Opfer auf sich zu nehmen, führen zu Respekt und Bewunderung.

Ein ausführlicher Artikel: Was ist charismatische und transformationale Führung?

Günstig ist es, wenn man selbst Erfolge vorzuweisen hat und es schafft, dass man auch selbst für diese Erfolge verantwortlich gemacht wird. Und es ist wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen, sich manchmal auch von anderen abzuheben.

Ein schönes Beispiel dafür (und vermutlich einer der hauptsächlichen Gründe für die Zuschreibung von Charisma zu dieser Person) ist das Verhalten von Helmut Schmidt als damaliger Innensenator von Hamburg während der Sturmflut 1962. Er sorgte dabei aktiv und trotz fehlender Befugnisse für den Einsatz von Nato-Truppen und Bundeswehr im Katastropheneinsatz. Helmut Schmidt trug als damaliger Bundeskanzler auch die Verantwortung für die Entscheidung, die GSG-9 zur Befreiung von Geiseln in einer Lufthansa-Maschine 1977 in Mogadischu (Somalia) einzusetzen. Es stellt sich die Frage, wie es sich auf seine charismatische Ausstrahlung ausgewirkt hätte, wenn diese Aktion schief gelaufen wäre.

Allerdings ergibt sich eine charismatische Wirkung mitunter auch durch mehr Schein als Sein, d.h. dass jemand geschickt seine Außenwirkung manipuliert, so dass er als besonders fähig und engagiert wahrgenommen wird. Auch Blender werden mitunter von diversen Mitmenschen als charismatisch wahrgenommen.

Fazit: Charisma ist nicht direkt erlernbar, allerdings hat jeder die Möglichkeit, ein Verhalten an den Tag zu legen, das bei anderen Respekt erzeugt, wodurch man dann auch als charismatisch wahrgenommen wird. Die Voraussetzungen für charismatische Führung können in Trainings vermittelt werden

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Zu diesem Thema biete ich auch Vorträge, Seminare und Coaching an.

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